…wie sind Sie eigentlich zum Übersetzen gekommen?

Ich habe mich schon sehr früh für englische Literatur interessiert, wollte zu jeder englischen Literaturverfilmung, die im Fernsehen lief, gleich die Romanvorlage lesen. Als meine Eltern zum ersten Mal mit mir nach London gefahren sind, war’s um mich geschehen,
da war ich neun oder zehn. Das erste englischsprachige Buch, das ich im Original gelesen habe, war »Paddington Bear« und natürlich war ich stinksauer, weil ich trotz super Noten in Englisch praktisch nichts verstanden habe.

Weil ich unbedingt wollte, dass der Roman »Junger Mann ohne Kleider« von Billy Childish auf deutsch erscheint, habe ich Erich Maas im Armdrücken besiegt und das Buch für ihn übersetzt

Danach habe ich Ehrgeiz entwickelt und Anglistik in Frankfurt/M. bei Klaus Reichert studiert, für den Übersetzung und Übersetzbarkeit immer auch Thema waren. Während des Studiums habe ich dann auch schon ein bisschen übersetzt, aber erstmal vor allem wissenschaftliche Essays. Viel später habe ich dann in Berlin als Feuilletonredakteurin Texte geschrieben, redigiert und aus eigenen und den Fehlern der anderen gelernt. Weil ich unbedingt wollte, dass der Roman »Junger Mann ohne Kleider« von Billy Childish auf deutsch erscheint, habe ich Erich Maas im Armdrücken besiegt und das Buch für ihn übersetzt. Danach wusste ich, dass ich das hauptberuflich machen will. Nur nicht mehr unbezahlt.

Und wie speziell zu Krimis?

Angefangen hab ich mit »Fünf Freunde« (auf keinen Fall »Die drei ???«), was mich wenig später schon zu Agatha Christie und Arthur Conan Doyle, und noch ein bisschen später zu Leo Malet und Elizabeth George gebracht hat, letztere je dicker umso besser. Aber ich habe alles gelesen, nicht nur Krimis. Als Übersetzerin war’s ähnlich. Da habe ich mit Sachbüchern angefangen, viel Musik, dann immer mehr Romane und irgendwann auch immer mehr Krimis, weil einfach viele übersetzt werden und sie mir großen Spaß machen.

Wenn man wissen will, wer der Mörder ist, geht die Arbeit im Idealfall auch flotter von der Hand. Irgendwann hab ich mir ausdrücklich mehr Krimis von meinen Lektoren gewünscht. Aber drauf festnageln lassen, will ich mich auch nicht.

Was – würden Sie sagen – sind die besonderen Herausforderungen bei der Übersetzung von  Krimis?

Nicht peinlich zu klingen. Das ist immer eine Herausforderung beim Übersetzen, aber vielleicht besonders bei Krimis, weil oft Coolness oder Milieus eine Rolle spielen.Arbeitsplatz der Übersetzerin Conny Lösch, Interview mit Krimiscout

Um einen bestimmten Ton zu treffen, muss man das Original literarisch ernst nehmen und darf in kein universales Krimisprech verfallen. Grundsätzlich gilt eigentlich, dass einem das umso leichter fällt, je besser das Original ist. Trotzdem gibt es für bestimmte Formulierungen natürlich fast nie direkte Entsprechungen und man muss sich wahlweise sehr zurücknehmen oder ganz weit aus dem Fenster hängen.

Was auch fürchterlich schief gehen kann. Gott sei dank gibt’s Lektoren.

Welcher Titel aus Ihren Oeuvre hat Ihnen besonders viel Freude bereitet? Und warum?

Die »Laidlaw«-Trilogie von William McIlvanney, weil er ein begnadeter Schriftsteller und ein irrsinnig toller Typ war. Seine Texte sind wahnsinnig dicht, sprachlich, inhaltlich und philosophisch – nicht nur irgendwie zusammengeschustert, damit es gut klingt. (Diesem Urteil schließt sich der Krimiscout uneingeschränkt an!)

Man merkt, dass er was wollte, Gerechtigkeit, Weisheit, Liebe, was auch immer. McIlvanney wurde zum Erfinder des Tartan Noir, obwohl er sich für Spannung kaum interessiert und eigentlich nur deshalb Krimis geschrieben hat, weil er dorthin wollte, wo’s dreckig, gemein und düster ist.

Gibt es Titel und/oder Autoren aus dem Bereich Spannung, die Ihrer Meinung nach unbedingt noch für den deutschen Markt übersetzt werden sollten?

Die gibt es ganz bestimmt, aber leider kenne ich sie nicht, weil ich wie viele Leute, die vom Bücher machen leben, viel zu wenig Zeit zum Lesen habe.

Krimis haben in der Literaturszene immer noch ein wenig das Image des Schmuddelkindes, will sagen, sie gelten als trivial. Wie, glauben Sie, könnte man dem Krimi als Genre zu mehr Souveränität verhelfen?

Das ist eindeutig ein Problem der Literaturszene, wenn sie Vorbehalte gegenüber Krimis hat. Andererseits gibt’s aber auch Dünkel in der Krimiszene gegenüber literarisch ambitionierter »Spannungsliteratur«, weil sie vielleicht nicht »spannend« genug ist.

Vor ein paar Jahren gab es ein Thriller-Diktat, alles musste ein Page-Turner sein, der Rest ist untergegangen, auch wenn das vielleicht sehr gute Bücher waren, in denen durchaus auch gestorben wurde.

Manchmal genügen mir glaubhafte Figuren, interessante Beobachtungen, Milieubeschreibungen oder eine tolle Sprache, dann ist mir die Krimihandlung fast egal. Vor ein paar Jahren gab es ein Thriller-Diktat, alles musste ein Page-Turner sein, der Rest ist untergegangen, auch wenn das vielleicht sehr gute Bücher waren, in denen durchaus auch gestorben wurde.

Überhaupt gibt es noch viele Klischee-Krimis, dafür aber nur sehr selten große Gefühle, da geniert man sich. Und Politkrimis werden häufig über den grünen Klee gelobt, auch wenn die Figuren aus Pappe sind. Das finde ich dann eher unbefriedigend.

Was sollten Leser unbedingt über Übersetzer wissen?

Eine Übersetzung ist nicht die zweite Wahl für Trottel, deren Englisch fürs Original nicht reicht, sondern ein eigenständiges literarisches Werk.

Dass kein Computerprogramm sie ersetzen kann. Eine Übersetzung ist nicht die zweite Wahl für Trottel, deren Englisch fürs Original nicht reicht, sondern ein eigenständiges literarisches Werk. Und wenn’s gelungen ist, vergisst man beim Lesen sogar, dass da was vermittelt wurde. Deshalb ist es auch wichtig, dass Übersetzer von der Kritik beachtet werden, denn idealerweise glänzen sie im Hintergrund, sind auffällig unauffällig.

Krimiscout bedankt sich bei Conny Lösch und wünscht ihr weiterhin viel Erfolg.