Ein sadistischer Internet-Stalker beobachtet und quält seine Opfer online, bevor er sie brutal ermordet: »The Intrusions«, Band drei der Serie um DS Geneva Miller und DI Jack Carrigan des britischen Autors Stav Sherez, konfrontiert seine Leser mit den Schattenseiten der sozialen Medien.
Eine hysterische Zeugin
Als eine junge Frau namens Madison Carter völlig hysterisch im Polizeirevier von Bayswater auftaucht, um die Entführung ihrer Freundin Anna zu melden, glaubt die Polizei zunächst an einen schlechten Drogentrip und steckt das Mädchen in eine Ausnüchterungszelle. Auch DS Geneva Miller weiß nicht recht, was sie von der Aussage des eindeutig schwer unter Drogen stehenden Mädchens halten soll. Doch etwas an dem, was Madison ihr erzählt, weckt ihr Interesse, und so ermittelt sie zunächst auf eigene Faust. Angeblich hat ein Unbekannter den beiden Mädchen in einer Bar Rauschmittel in den Drink geschüttet und Anna wenig später aus einer Gasse hinter der Bar entführt. Seine Botschaft an Madison lautete: »Dich hole ich auch noch, denn du gehörst mir«. Die Spur führt in ein Hostel für Rucksacktouristen, in dem sich beide Mädchen ein Zimmer teilten.
»Dich hole ich auch noch, denn du gehörst mir«
Schon bald findet Geneva Miller die ersten Spuren, die Madison Aussage glaubhaft erscheinen lassen. Doch ihr Partner DI Jack Carrigan hält wenig von der bizarren Geschichte – was wohl auch daran liegen mag, dass er sich mit den Anschuldigungen eines feindseligen Kollegen und einer drohenden Disziplinarstrafe auseinandersetzen muss.
Digitale Fantasien werden wahr
Das Blatt wendet sich dramatisch als die Polizei in einem abbruchreifen Haus die grausam zugerichtete Leiche eines jungen Mädchens findet, auf das die Beschreibung von Madisons Freundin Anna passt. Miller und Carrigan kehren zurück zum Hostel, wo sie auf Annas Pass stoßen, aus dem jemand ihr Foto geschnitten hat. In ihrem Schrank finden sie drei zerstörte Laptops.
Die Ermittlungen ergeben, dass Anna das Opfer eines Internetstalkers geworden ist, der seine digitalen Fantasien schließlich in der realen Welt auslebte
Die Untersuchungen an Annas Leiche ergeben, dass man der jungen Frau einen hochpotenten Drogencocktail verabreicht hat, bevor man ihr die Kehle durchtrennte und sie wie ein Tier ausbluten ließ. Weitere Ermittlungen ergeben, dass Anna das Opfer eines Internetstalkers geworden ist, der seine digitalen Fantasien schließlich in der realen Welt auslebte. Doch Anna war nicht die Erste…
Solider Krimi mit kleinen Schwächen
Der Plot dieses Thrillers ist stringent erzählt, der Autor spannt seine Leser nicht mit unnötigen Um- und Abwegen auf die Folter. Die persönlichen Geschichten der beiden Hauptfiguren werden weder zu ausführlich ausgebreitet, noch sind sie klischeebehaftet. Ein wenig mehr Farbe hätte beiden allerdings gut zu Gesicht gestanden. Möglicherweise ist die etwas magere Charakterzeichnung aber dem Umstand geschuldet, dass wir hier bei Band drei in die Serie einsteigen. Dass die Hauptfiguren einer Serie blässlich daherkommen und nicht ausreichend charakterisiert werden, ist dem Krimiscout schon bei der Besprechung von Stuart Nevilles Roman »Those We Left Behind« um DCI Serena Flanagan sauer aufgestoßen (Mehr dazu hier: »Von Plaudertaschen und Spannungskillern«). Ansonsten entsteht dem Leser allerdings kein Nachteil, wenn er ersten beiden Bände nicht gelesen hat.
»Trotz kleiner Schwächen liefert Sherez mit seinem dritten Roman einen soliden, durchaus lesbaren Krimi ab«
Sherez hat sich in seinem dritten Roman einem ernsten Thema gewidmet, das ihn offenbar regelrecht umtreibt. Oft gerät der Autor dabei ins Dozieren, nimmt der Handlung den Schwung und katapultiert den Leser aus der Geschichte. Das nervt, denn wer lässt sich schon gern belehren? Auch sprachlich rutscht Sherez gern mal ins Melodrama ab, und gelegentlich ergeht sich der Autor auch in abstrusen Bildern und seltsamen Betrachtungen, die völlig aus dem Kontext fallen.
Trotz kleiner Schwächen liefert Sherez aber mit seinem dritten Roman einen soliden, durchaus lesbaren Krimi über ein ernstes Thema ab, der so manchen Nutzer von Facebook und Twitter einen unbehaglichen Schauer über den Rücken jagen wird.