Im Mittelpunkt des turbulenten Debüts von Daniel Shand stehen Michael, frisch aus der Haft entlassen, und sein Bruder Paul, der ihn vor übersteigertem Medieninteresse schützen will. Michael ist ein Mörder, er hat ein abscheuliches Verbrechen begangen.

Weil sein Bruder offenbar zu Hause nicht mehr sicher ist, begibt sich Paul mit ihm auf eine Reise quer durch Schottland.

Mäuse und Menschen?

Wer sich zu Beginn dieses Romans an John Steinbecks Epos erinnert fühlt, wird sich schon bald fragen, wer hier der Held ist. Michael ist schwach, geistig träge, benimmt sich oft wie ein Kind. Paul, den der Autor perfide zum unzuverlässigen Erzähler dieser Geschichte gemacht hat, tritt als der große Beschützer auf, der sein Leben opfert, um dem Bruder nach der Haftentlassung zu helfen. Wir treffen die beiden vor ihrem improvisierten Lager, das sie oberhalb einer schottischen Kleinstadt aufgeschlagen haben. Paul scheint sich rührend um den schwerfälligen, recht unsympathischen Michael zu kümmern. Paul ist also der Gute, Michael der Böse – oder nicht? Es dauert nicht lang, da gerät dieses Bild ins Wanken.

Oder Natural Born Killers?

Paul ist also der Gute, Michael der Böse – oder nicht?

 

Die Dynamik zwischen Michael und Paul ist schnell klar. Bemüht sich unser Erzähler Paul zunächst noch, die Mär vom bösen Bruder und seiner edlen Heldenrolle aufrechtzuerhalten, verliert er schon bald die Kontrolle über seine Geschichte. Doch kaum ist ihm die Maske verrutscht, trägt er sein wahres Gesicht regelrecht zur Schau. Wie ein Küken sich aus der Schale befreit, gibt auch Paul nach und nach seine altbewährten Schutzbehauptungen auf und lebt seinen Drang unkontrolliert aus. Was als Lüge begann, wird schnell Wahrheit: Die Brüder sind nun tatsächlich auf der Flucht – und hinterlassen dabei eine Spur der Verwüstung.

Wie ein Küken sich aus der Schale befreit, gibt auch Paul nach und nach seine altbewährten Schutzbehauptungen auf

Guter Ansatz – schlechte Ausführung

Daniel Shands Debüt beginnt mit einer interessanten Konstellation. Doch leider bleibt die Geschichte genau da stecken. Die Beziehung zwischen Michael und Paul hat viele Facetten, die er Autor leider nicht auslotet. Er wandelt auf den Spuren von Irvine Welsh und Iain Banks, reicht allerdings nicht an seine Vorbilder heran. Gerade die psychedelischen Szenen gegen Ende des Buches sind wirr und wenig unterhaltsam.

Fazit: Rasantes Debüt mit Schwächen – Krimiscout bleibt dran