Für die allseits beliebte Reihe »Fahnderprofile« hat der Krimiscout diesmal Zoë Beck in die Zange genommen. Lesen Sie hier das Vernehmungsprotokoll. Kurz und schmerzlos!
- Steckbrief Zoë Beck
ZB: Zoë Beck, Jahrgang 1975, Autorin, Übersetzerin, Verlegerin. Und wenn es mal nicht um Bücher geht: Synchronregisseurin. Im Herzen immer noch dem Theater, der Oper und dem Klavier verbunden.
- Wann kamen Sie das erste Mal mit Kriminal- bzw. Spannungsliteratur in Berührung?
ZB: Zählen Märchen? Jedenfalls als Kind. Da hatte ich schon einen Hang zum Düsteren. Ich war viel zu jung für Edgar A. Poe und E.T.A. Hoffmann. Ich las sie trotzdem.
- Warum Krimis? Was ist Ihrer Meinung nach so faszinierend an diesem Genre?
Der deutsche Krimimarkt ist sehr viel offener für übersetzte Literatur, für Schauplätze außerhalb des eigenen Landes
ZB: Für mich ist es weniger der Rätselspaß, mehr das Abgründige. Wie weit gehen Menschen, was tun sie, um ihre Ziele zu verfolgen. Warum überschreiten sie gewisse Grenzen.
- Wie würden Sie den deutschen Krimimarkt charakterisieren? Bestehen Unterschiede zum englischen Krimimarkt (UK und USA)? Welche?
ZB: Der deutsche Krimimarkt ist sehr viel offener für übersetzte Literatur, für Schauplätze außerhalb des eigenen Landes. Ansonsten wird ja doch vieles nachgeahmt, und die englischsprachigen Trends werden übernommen bzw. kopiert.
- Welcher Autor/Autorin hat Sie in letzter Zeit besonders beeindruckt? Warum?
ZB: Ich lese gerade Sofi Oksanen, »Stalins Kühe«. Da gefällt mir, wie mit Form und Sprache umgegangen wird (wobei ich die Originalsprache natürlich nicht beurteilen kann, nur die Übersetzung), wie eine schleichende, oft geleugnete Krankheit, ein individueller Körper für etwas viel Größeres stehen
- Welchen bisher unentdeckten englischsprachigen Krimiautor/in würden Sie dem deutschen Publikum unbedingt empfehlen?
ZB: Denise Mina. Eigentlich ist sie nicht »unentdeckt«, aber sie ist komischerweise in Deutschland lange nicht so populär wie in vielen anderen Ländern, und das finde ich sehr traurig. (Krimiscout nickt eifrig)
- Gibt es so etwas wie Modeerscheinungen im Krimigenre? Wenn ja, welche Mode herrscht gerade?
ZB: (denkt kurz nach): Gibt es sicherlich. Gibt es ja immer. Ich habe längere Zeit nicht mehr danach geschaut und kann deshalb gerade nicht sagen, welche Titelgebung und welche Covergestaltung tonangebend ist. Letztens hatte man es ja mit „Girl“ im Titel, und zwar nicht nur beim Krimi/Thriller.
- Vor dem Hintergrund des aktuellen Weltgeschehens, glauben Sie, dass der Politkrimi in nächster Zeit zunehmend an Bedeutung gewinnen wird?.
ZB: Es kann auch das genaue Gegenteil eintreten: die Sehnsucht nach dem Unpolitischen, der Wunsch nach Eskapismus, auch oder gerade im Kriminalroman.
- Gibt es für Sie Handlungsorte, Motive, Konstellationen oder Handlungsstrukturen, die Sie besonders reizen? Warum?
ZB: Oh, kann ich nicht pauschal sagen.
- Krimis haben in der Literaturszene immer noch ein wenig das Image des Schmuddelkindes, will sagen, sie gelten als trivial. Wie, glauben Sie, könnte man dem Krimi als Genre zu mehr Souveränität verhelfen?
ZB: Das Genre hat diese Souveränität längst. Das Problem liegt bei denjenigen, die immer noch meinen, „echte Literatur“ sei ausschließlich außerhalb der Genreliteratur zu finden. Die verwechseln Genre mit formula fiction. Das ist schade. Man könnte aber auch sagen: Das ist Pech. Für die.
Krimiscout bedankt sich bei Zoë Beck für das Interview und wünscht ihr weiterhin viel Erfolg.
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Beitragsbild (c) Anette Göttlicher, mit freundlicher Genehmigung