Beim Umzug in ihr neues Traumhaus ahnen die Davenports noch nicht, welchen Scherbenhaufen ihnen die Vorgänger hinterlassen haben. Auf sie wartet ein veritabler Alptraum. Louise Candlishs Psychothriller The Sudden Departure of the Frasers blickt in die Abgründe hinter dem schönen Schein der vornehmen Gesellschaft.

Wenn alles zu glatt läuft

Schon als Christy Davenport ihr zum gefühlten Schnäppchenpreis erstandenes Traumhaus an der vornehmen Lime Park Road in London betritt, beschleicht sie eine böse Vorahnung. Doch vom Glanz dieser hochwertig renovierten und luxuriös ausgestatteten Top-Immobilie geblendet, vergisst sie das ungute Gefühl schnell wieder. Alles ist perfekt, bei der Einrichtung haben die Vorgänger offenbar an nichts gespart. Doch warum sind sie dann bei Nacht und Nebel ausgezogen und anscheinend spurlos verschwunden? Es dauert nicht lange, bis Christy und ihr Mann Joe bemerken, dass auch ihre Nachbarn etwas seltsam sind.

 ‚‚Warum sind die Davenports bei Nacht und Nebel ausgezogen?‘‘

Schatten auf dem schönen Schein

Um gute Nachbarschaft bemüht, beschließen die frisch gebackenen Traumhausbesitzer trotz ihrer beträchtlichen Schuldenlast, die Anwohner der Straße zu einer Einweihungsfeier einzuladen. Doch keiner kommt. Die meisten haben bereits aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt, manche erst in letzter Minute, und die restlichen Gäste bleiben einfach fern.

Bei den Frauen der Nachbarschaft trifft Christy auf kühle Abweisung. Bevor sie die Bewohner der umliegenden Häuser überhaupt kennengelernt hat, wird sie gemieden, geschnitten und sogar beschimpft. Ihr direkter Nachbar Rob, ein ungepflegter, aggressiver Mann, scheint im Zentrum der Intrige zu stehen. Ihm gelten auch die mit Kot beschmierten Hassbriefe, die Christy vor seiner Tür findet. In dieser Straße ist eindeutig etwas im Argen. Aber was? Wer war die charismatische Amber Fraser, ihre allseits bewunderte und von den Frauen im Viertel offenbar schmerzlich vermisste Vorgängerin?

Dann verliert Christy auch noch ihren Job. Verunsichert und deprimiert zieht sie sich immer mehr zurück. Um der Einsamkeit und Monotonie ihres Alltags zu entfliehen macht sie sich daran, dem Schicksal ihrer schillernden Vorgängerin Amber Fraser nachzugehen. Während Christy in einen Strudel von Depression und Besessenheit gerät, droht Joe unter der Last seiner neuen beruflichen Aufgaben zu versinken. Das junge Paar hat hohe Schulden, die es kaum mehr bedienen kann.

Wer war Amber Fraser?

Frau vor Spiegel

Wer war Amber Fraser?

 

Rückblick – ein Jahr vorher. Die reichen, glamourösen Frasers beziehen ihr neues Domizil. Jeremy Fraser ist zwar um einiges älter als seine strahlend schöne Frau Amber, doch auch er ist gut aussehend und eine imposante Erscheinung. Während Jeremy in seiner Anwaltskanzlei arbeitet, überwacht Amber die Renovierung des luxuriösen Eigenheims. Innerhalb kürzester Zeit hat sie die gesamte Nachbarschaft um den Finger gewickelt, die Frauen finden sie hinreißend, die Männer sind insgeheim in sie verliebt. Aber Amber interessiert sich nur für einen: den dunkeläugigen, verschlagenen Rob. Er, der Frauenheld, schleicht seinerseits auch nicht lange um den heißen Brei herum. Überzeugt von seinem Charme schickt er Amber noch auf der Einweihungsparty eine knappe SMS: Wann?

Leidenschaft und Risiko

Nicht überraschend beginnen die beiden schon ein paar Tage später eine heiße Affäre. Man ist sich einig, dass es hier nur um Sex geht, tiefere Gefühle oder gar Besitzansprüche werden direkt ausgeschlossen. Die Treffen finden zunächst in Robs Wohnung direkt nebenan statt. Man ist diskret, die Nachbarn sollen nichts mitbekommen. Einige Zeit läuft die Affäre zur beiderseitigen Zufriedenheit. Doch Gefühle lassen sich nicht reglementieren. Was so leidenschaftlich begann, endet schon bald in einer Katastrophe, die niemanden unberührt lässt.

Mehr als nur ein Psychothriller

Die Geschichte um die Frasers und Davenports ist vielschichtig. Einerseits spannender Psycho- und Mysterythriller, andererseits moderne Parabel über das Streben nach gesellschaftlichem Ansehen zeigt The Sudden Departure of the Frasers, dass sich in den stattlichen Domizilen an den vornehmen Adressen unserer modernen Großstädte nicht wenige gebrochene Persönlichkeiten und pathologische Beziehungen verbergen.

Die parallel geplotteten, zeitlich um ein Jahr versetzten Handlungsstränge des Romans haben einen zentralen Dreh- und Angelpunkt: Amber Fraser, die schillernde, enigmatische Vorbesitzern des Hauses an der Lime Park Road. Wie Christy Davenport, die mit ihrer Obsession an die namenlose Ich-Erzählerin aus Daphne du Maurier’s Rebecca erinnert, jagt der Leser einem Phantom nach, wandelt in Ambers Spuren, ohne sie je zu fassen.

Frauen sind hier die wahren Helden

Die Männer in dieser Geschichte, Jeremy Fraser und Joe Davenport, sind scheinbar hoch intelligent, doch sie erscheinen seltsam blass und kraftlos. Die Macherinnen und treibende Kräfte sind hier eindeutig die Frauen. Selbst der böse Gegenspieler entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als … ach, ich will nicht zu viel verraten. Unbedingt lesen! Es lohnt sich.

Die Autorin

Die britische Autorin Louise Candlish wurde 1968 in Hexham, Northumberland, geboren und wuchs in Northampton auf. Sie studierte Anglistik am University College London. Louise Candlish lebt mir Mann und Tochter in Herne Hill im Südosten Londons. Sie hat bereits mehrere Romane veröffentlicht, die zum Teil auch in der deutschen Übersetzung erschienen sind.

© Krimiscout 2015

Buchinfo

Titel: The Sudden Departure of the Frasers
Format: Taschenbuch
Verlag und Erscheinungsjahr: Penguin, 2015
Seitenzahl: 512

Weiterführende Informationen

Louise Candlishs Homepage

Bildnachweise:

Beitragsbild: (c) Andrea O’Brien

Bild 1: (c) Masson / Fotolia