Wenn man in  Schubladen denken möchte, könnte man das Debüt »Bloody January« von Alan Parks durchaus dem Tartan Noir zuordnen, diesem Subgenre der schottischen Spannungsliteratur, das einst durch den unvergesslichen William McIlvanney begründet wurde. Wer aber meint, Parks‘ Roman wäre deswegen ein alter Hut, der irrt gewaltig.

Düsteres Setting

Glasgow in den Siebzigerjahren: Gangster und korrupte Polizisten beherrschen die kriminelle Szene, Brutalität, Frauenfeindlichkeit und Drogenmissbrauch sind an der Tagesordnung. Alan Parks‘ Geschichte ist so düster, dass selbst ein Schneesturm sie nicht weißwaschen könnte.

McCoy wäre nicht der Held dieses Romans, wenn er sich einfach geschlagen gäbe.

Buchcover Bloody JanuaryDetective Henry McCoy, zentrale Ermittlerfigur in diesem Roman, der den Beginn einer Serie einläutet, wird nach Barlinnie gerufen, dem berüchtigten Gefängnis von Glasgow. Ein dort einsitzender, mit allen Wassern gewaschener Schwerstverbrecher informiert ihn, dass für den nächsten Tag ein Mord an einer jungen Kellnerin namens Lorna geplant sei und bittet ihn, die Tat zu verhindern.

Gelangweilt stellt McCoy ein paar Ermittlungen an, und findet sogar heraus, wo sich das Opfer aufhält. Leider kommt er zu spät. Die junge Frau wird auf offener Straße an einem Busbahnhof erschossen, der Schütze, ein scheinbar harmloser Teenager, nimmt sich danach selbst das Leben.

Unter viel Medienrummel nehmen McCoy und sein unerfahrener Kollege Wattie die Ermittlungen auf. Die Spur führt aber nicht nur in die blutigen Eingeweide der Glasgower Unterwelt, sondern auch ganz nach oben in die feine Gesellschaft. Während McCoys Vorgesetzter darauf beharrt, dass es sich um die Einzeltat eines eifersüchtigen Liebhabers handeln muss, hegt der Detective einen schlimmes Verdacht. Dumm nur, dass er kaum eine Chance hat, dem potenziellen Täter das üble Handwerk zu legen. Aber McCoy wäre nicht der Held dieses Romans, wenn er sich an dieser Stelle einfach geschlagen gäbe.

Häuser in schottischer Straße

The real McCoy

Detective McCoy kämpft  – man ahnt es bereits – mit diversen Dämonen und hat ein ganz eigenes Verständnis von Gerechtigkeit. Aus Gründen, die in seiner schlimmen Kindheit vergraben liegen, pflegt er eine enge Beziehung zum brutalen, leicht irren Gangsterboss Stevie Cooper, was für einen Polizisten nicht ganz unproblematisch ist.

Der Weg zur Gerechtigkeit ist grausam – aber auch spannend.

Genauso hinderlich ist McCoys Hass auf den privilegierten Lord Dunlop und seinen Sohn Teddy, denn im Glasgow der Siebzigerjahre ist es einigermaßen gefährlich, sich mit den gut vernetzten Vertretern der feinen Gesellschaft anzulegen. So ist es kein Wunder, dass der Detective schon bald von Schlägern halb zu Tode geprügelt wird – eine Warnung, sich nicht mit den Dunlops anzulegen, die McCoy leider leichtfertig in den Wind schlägt. Er ermittelt weiter, gegen allen Widerstand, entgegen den Anordnungen von oben, zielstrebig, unaufhaltsam, bis er sein Ziel erreicht hat. Der Weg zur Gerechtigkeit ist grausam – aber auch spannend.

Moloch und Antiheld

Die klassischen Elemente des Noir sind bekannt, mögen manche Kritiker nun genervt einwenden. Das stimmt, und allein dadurch, dass dieser Roman dazu noch in den Siebzigerjahren angesiedelt ist, wird er sicher nicht automatisch spannend oder – wenn man Qualität mit einem solchen Kriterium bewerten möchte – »authentisch«. Dass »Bloody January« trotzdem funktioniert, liegt vielmehr an der speziellen Figurenkonstellation, dem Erzähltempo, an dem vielschichtigen und irgendwie liebenswerten Helden Harry McCoy, dem bisweilen schmerzhaft harten Ton und der komplexen Handlung, die ohne Redundanz und falsche Fährten befriedigend zielsicher auf den großen Höhepunkt zustrebt und den Leser mit einer neuen Sucht zurücklässt.

Es bleibt nur zu hoffen, dass Parks seinen Helden erneut in die Glasgower Unterwelt schickt, dieses ganz besondere Milieu der gesetzlosen Council Estates, wo Armut die Menschen hart aber nicht herzlos macht. Harry McCoy taugt allerdings nicht zum moralischen Vorbild, er ist ein Mensch mit Fehlern und Makeln. »Bloody January« ist trotz einiger Schwächen nicht nur für Fans des Scottish Noir eiskalt zu empfehlen.

Der Autor

Alan Parks (c) Euan Robertson

Alan Parks wurde in Schottland geboren und besuchte die University of Glasgow, wo er einen M.A. in Moral Philosophy erhielt. Parks ist seiner Heimatstadt Glasgow bis heute treu geblieben. Bevor er als Schriftsteller die Bühne betrat, war Parks in der Musikbranche tätig, entwickelte Werbekampagnen für Bands wie die All Saints, New Order, The Streets und Künstler wie Gnarls Barkley and CeeLo Green und war Managing Director des Unternehmens »679 Recordings« .

(c) Andrea O’Brien, 2018

Update: Dieser Roman ist mittlerweile unter dem Titel »Blutiger Januar« (dt. von Conny Lösch) bei Heyne Hardcore erschienen.
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Foto Buchcover mit freundlicher Genehmigung von Canongate Books Ltd.

Foto Alan Parks (c) Euan Robertson, mit freundlicher Genehmigung

Alle anderen Fotos (c) Andrea O’Brien